Unkontrollierter Harnabgang – Harninkontinenz

    Ursachen, Symptome und Formen der Harninkontinenz

    Unkontrollierter Harnabgang tritt als Folge einer funktionellen oder organischen Beeinträchtigung der Harnblase- und röhre auf. In einer intakt funktionierenden Blase sammelt sich der Urin über mehrere Stunden und kann ein Volumen von bis zu einem halben Liter erreichen, bevor es zu Harndrang und in weiterer Folge zur willkürlichen Entleerung der Blase kommt. Unkontrollierter Harnabgang wird im Normalfall durch einen komplexen Verschließmechanismus aus Nerven und Muskeln verhindert. Ein Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus sorgt dafür, dass der Urin im Zuge der willkürlichen Blasenentleerung in die Harnröhre gelangt und anschließend nach außen abgegeben wird.

    Durch Muskelschwächen oder motorische Störungen des Nervensystems der Blase kann es zu einer Blasenschwäche kommen, die sich in einem unfreiwilligen Abgang von Urin äußert. Abhängig von der jeweiligen muskulären oder motorischen Funktionsstörung wird zwischen mehreren Arten von Harninkontinenz unterschieden.

    Risikogruppen und -faktoren

    Unkontrollierter Harnabgang wird in der Regel als typisches Frauenproblem angesehen. Auch wenn der überwiegende Teil der Patienten, die unter Harninkontinenz leiden, weiblich ist, sind auch Männer in fortgeschrittenem Lebensalter oft von Blasenschwächen betroffen. Durch die anatomischen Verhältnisse im weiblichen Beckenbereich und die hormonellen Veränderungen im Laufe ihres Lebens sind jedoch Frauen unterschiedlicher Altersgruppen einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt, mit vorübergehenden Störungen der Blasenfunktion konfrontiert zu werden.

    Die Muskulatur des Beckenbodens, die eine wichtige Stützfunktion für die Blase erfüllt, wird durch Schwangerschaften und Geburten beansprucht und durch hormonelle Umstellungen im Zuge der Wechseljahre geschwächt. Geschätzte 25 Prozent aller Frauen unter vierzig Jahren leiden deshalb unter vorübergehenden Problemen der Blasenfunktion, in der Altersgruppe über sechzig Jahren sind etwa fünfzig Prozent aller Frauen von Harninkontinenz betroffen. Bei Männern fortgeschrittenen Alters tritt unkontrollierter Harnabgang als Folge von organischen Veränderungen auf und sollte als erstes mögliches Anzeichen für ein ernsteres gesundheitliches Problem gedeutet werden.

    Mögliche Ursachen einer Harninkontinenz

    Die Beschaffenheit und Stützfunktion der weiblichen Beckenbodenmuskulatur hängt maßgeblich von den Hormonwerten ab. Verliert das Bindegewebe hormonbedingt an Elastizität, wird das Gewebe der Blase schlechter durchblutet und dadurch mit zunehmendem Alter anfälliger für Harnwegsinfekte, die zu Harninkontinenz führen können.

    Neben Schwangerschaften, Geburten, Stillen und Hormonschwankungen während der Menopause können bei Frauen jedoch auch andere Faktoren eine Beeinträchtigung der Blasenfunktion bedingen. Sowohl Übergewicht, als auch starke körperliche Beanspruchung wirken sich negativ auf die Muskulatur des Beckenbodens aus. Oft führt eine Bindegewebsschwäche zu einer Senkung der Gebärmutter, die Druck auf nebenliegende Organe ausübt, wodurch auch das muskuläre Verschlusssystem von Blase und Harnröhre in Mitleidenschaft gezogen wird. Operative Eingriffe, Verletzungen oder chronische Infektionen im Bereich des Unterleibs können zu Schädigungen der Muskeln und Nerven führen, wodurch die Schließfunktion der Blase negativ beeinträchtigt wird.

    Viele Männer leiden in fortgeschrittenem Alter an einer Harninkontinenz als Folge einer vergrößerten Prostata, die durch die Druckeinwirkung zu Anomalien der Harnröhre oder zu einer Beeinträchtigung bestimmter Nervenbahnen führt. Je nachdem, welche Faktoren als Ursache der Harninkontinenz diagnostiziert werden, äußert sich eine Blasenschwäche in unterschiedlichen Ausprägungen und Symptomen.

    Formen und Symptome von Harninkontinenz

    Belastungsinkontinenz
    In der Regel ist unkontrollierter Harnabgang zwar unangenehm, jedoch gut therapierbar und stellt selten ein ernsthaftes gesundheitliches Problem dar. Die sogenannte Belastungsinkontinenz gilt als typisches und weitverbreitetes Frauenleiden, betrifft geschätzte achtzig Prozent aller Patienten und tritt als Folge einer geschwächten Beckenbodenmuskulatur auf. Sie äußert sich durch unkontrollierten Harnabgang in verschiedenen Situationen, in denen es zu körperlicher Betätigung kommt. So kann es beim Sport, Treppensteigen oder beim Heben schwerer Gegenstände, aber auch schon bei Niesen, Husten oder Lachen zum Verlust geringer Mengen von Urin kommen, ohne dass ein Gefühl von Harndrang verspürt wird.

    Dranginkontinenz
    Wiederkehrende Blasen- oder Nierenbeckenentzündungen können langfristig eine sogenannte Dranginkontinenz auslösen, deren Symptome wesentlich stärker ausgeprägt sind als jene der Belastungsinkontinenz. Die Dranginkontinenz geht mit einer Verspannung der Blasenmuskulatur einher, die eine motorische oder sensorische Überreaktion bedingt. Die daraus resultierende Störung im Informationsaustausch zwischen Gehirn und Muskulatur führt entweder zu einem unwillkürlichen Harndrang bei leerer Blase oder zu Problemen beim Wasserlassen, da sich die Schließmuskeln verkrampfen.

    Reflexinkontinenz
    Äußerst selten ist die sogenannte Reflexinkontinenz, die als Folge von Schädigungen und Verletzungen von Rückenmark, Wirbelsäule oder Gehirn auftreten kann. Durch den Verlust der Kontrolle über die Blasentätigkeit kommt es bei der Reflexinkontinenz zu unkoordinierten Nervenreizen und zu unfreiwilligem Harnabgang in teilweise großen Mengen. Unkontrollierter Harnabgang, vor allem in Form der Belastungsinkontinenz betrifft Frauen zwar deutlich häufiger, jedoch leiden auch viele Männer an den Symptomen einer Blasenschwäche.

    Überlaufinkontinenz
    Als Folge einer Prostatavergrößerung tritt bei Männern oft die sogenannte Überlaufinkontinenz auf, die sich bei ausbleibender Behandlung zu einer schwerwiegenden und mitunter gefährlichen Erkrankung entwickeln kann. Die Überlaufinkontinenz äußert sich entweder in einem gestörten Harnabgang, meist in Form von ununterbrochenem Tröpfeln oder in Problemen bei Urinieren. Viele ältere Männer klagen dabei über einen unterbrochenen oder dünnen Harnstrahl, wodurch die vollständige Entleerung der Blase deutlich erschwert wird. Dies macht oftmalige Toilettengänge erforderlich, da sich der Harndrang in wesentlich kürzeren Abständen bemerkbar macht. In der Nacht kommt es durch den wiederholten Harndrang zu einer Störung der Bettruhe, wodurch die Patienten langfristig an chronischer Müdigkeit leiden.

    Wird eine Überlaufinkontinenz nicht gezielt behandelt, kommt es in den meisten Fällen zu Harnwegsinfekten. Im weiteren Verlauf können sich Blasensteine bilden, die große Schmerzen verursachen. Liegt der Überlaufinkontinenz eine Anomalie der Harnröhre zugrunde, kann es zu einer Harnstauung kommen, die in seltenen Fällen lebensgefährliche Komplikationen wie etwa eine Harnvergiftung oder eine Nierenschädigung zur Folge hat. Operative Eingriffe an der Prostata können auch bei Männern zu Schädigungen der Beckenbodenmuskulatur führen, die eine Belastungsinkontinenz bedingen. Diese Form der Blasenschwäche ist bei Männern jedoch nur äußerst selten zu beobachten.

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