Die Binge-Eating-Störung ist eine Essstörung, die ihren Namen vom englischen Wort für “Gelage” (binge) hat. Die deutlichsten Symptome der Binge-Eating-Störung sind unkontrollierbare Fressattacken, wobei im Gegensatz zur bulimischen Störung kein anschließendes Erbrechen erfolgt.
Definition der Binge-Eating-Störung
Die Binge-Eating-Störung ist nach ICD-10 unter der Nummer F50.8 als “sonstige Essstörungen” klassifiziert, die Kriterien gibt es seit 1994. Wer als Betroffener zum Arzt geht, muss allerdings damit rechnen, dass er nicht die eigenständige Diagnose eines Binge-Eatings erhält, obgleich die Binge-Eating-Störung Symptome voll ausgeprägt sind. Die WHO erkennt im Jahr 2015 das Krankheitsbild noch nicht eigenständig an, sondern nennt die Binge-Eating-Störung einfach eine “nicht näher bezeichnete Störung des Essverhaltens”. Inzwischen sind sich Mediziner weitgehend darüber einig, dass es eine Essstörung ist, die ähnlich wie die Bulimie (und vielfach mit adäquaten Konzepten) zu behandeln ist.
Definiert und entsprechend diagnostiziert wird die Binge-Eating-Störung durch mindestens zwei der entsprechenden Essanfälle pro Woche, wobei der Zeitraum nach einer aus den USA stammenden Definition (von der dortigen Psychiatrischen Vereinigung) mindestens sechs Monate betragen muss. Wenn die Symptome der Binge-Eating-Störung nicht so lange oder zwar lange (auch über Jahre), aber nicht so häufig registriert werden, handelt es sich nach dieser Definition um keine Binge-Eating-Störung.
Binge-Eating-Störung: Ursachen
Die Ursachen der Binge-Eating-Störung sind offenbar ausschließlich psychischer Natur, nach den Symptomen der Binge-Eating-Störung zu urteilen handelt es sich um klares Suchtverhalten. Die Betroffenen berichten ihren Therapeuten gegenüber, dass sie sich vor dem Anfall extrem gestresst oder gelangweilt gefühlt hätten. Solche Aussagen werden nur in Therapiesitzungen gemacht, gegenüber ihrem sozialen Umfeld verschweigen Binge-Eater die Erkrankung hartnäckig und versuchen sie zu verschleiern, wie das auch Alkoholiker, Bulimiker und andere Drogen-, Spiel-, Kauf- oder Sexsüchtige machen. Der Abgleich dieser Verhaltensmuster, die sowohl von stoffgebundenen als auch von nicht-stoffgebundenen Süchten bekannt sind, legt eine starke Psychopathogenese nahe.
Die moderne Forschung nimmt im Jahr 2015 ausschließlich psychische Ursachen für die Binge-Eating-Störung an. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, denn es könnte schließlich auch eine physiologische Mangelerscheinung vermutet werden. Die Erforschung von psychischen Ursachen der Binge-Eating-Störung hat jedoch ergeben, dass die Betroffenen während des Essens unangenehme Empfindungen unterdrücken (Abwehrverhalten). Ernährungspsychologen verweisen auf die theoretische Möglichkeit, dass ehemaliges oder aktuelles „gezügeltes Essverhalten“ das Entstehen der Binge-Eating-Störung begünstigen könnte.
Symptome und Beschwerden der Binge-Eating-Störung
Die folgenden Symptome können im Kontext als sicherer Indikator für die Störung gelten:
- Zeit/Häufigkeit wie oben geschildert (2 x wöchentlich, mindestens über 6 Monate)
- Kontrollverlust während des Essens
- Verlust des Sättigungsgefühls
- sehr hohe Energiezufuhr, da fettreich und süß gegessen wird
- extrem hastiges Essen
- vor dem Essen kein Hunger
- Essen bis zur Völlerei
- nach dem Essen Schuld- und Schamgefühle bis zur Depression
- starker Leidensdruck
Häufigkeit, Risikofaktoren und Risikogruppen der Binge-Eating-Störung
Die Schätzungen über die Häufigkeit gehen auseinander, für Deutschland werden aktuell 1,5 – 2,0 Millionen Betroffene vermutet, was höher läge als die Zahl der an Bulimie Erkrankten. In den USA schätzt man die Quote auf zwei Prozent der erwachsenen Bevölkerung, davon ein Drittel Männer. Als Risikofaktoren gelten
- Stress,
- Hang zum Perfektionismus,
- falsche Ernährungserziehung („gezügeltes Essverhalten“) sowie
- Konfliktbewältigung durch Essen als Familienstrategie.
Risikogruppen sind ausdrücklich nicht Personen mit einer übergewichtigen Konstitution, Adipositas und die Binge-Eating-Störung haben nur sehr begrenzt etwas miteinander zu tun. Als gefährdet müssen vielmehr Personen mit einem manisch-depressiven Grundmuster (auch latent) gelten, die zu anderen Süchten (noch) keinen Zugang gefunden haben oder diese aus gesundheitlichen Gründen überwinden mussten. Auch trockene Alkoholiker und ehemalige Drogenabhängige könnten daher betroffen sein.