Zwangsstörungen (Zwangsneurosen): Ursachen, Symptome, Arten

    Was sind Zwangsstörungen?

    Zwangsstörungen gehören zu den psychischen Störungen. Die charakteristischen Symptome der Zwangsstörung sind Zwangshandlungen und Zwangsgedanken.

    Ein Mensch, der unter Zwangshandlungen leidet, fühlt sich innerlich dazu getrieben bestimmte Dinge zu tun. Leidet jemand unter Zwangsgedanken, drängen sich immer dieselben Gedanken auf (sie kreisen im Kopf herum, sind nahezu allgegenwärtig). Der Betroffene erkennt dabei, dass diese Gedanken bzw. Handlungen sinnlos oder übertrieben sind und versucht sich gegen den vorherrschenden inneren Drang zu wehren.

    Nicht wenige Menschen, die nicht als erkrankt gelten, verspüren in gewissen Momenten das Bedürfnis nach übertriebener Sauberkeit oder perfekter Ordnung. Krankheitswert bekommt die Symptomatik jedoch erst dann, wenn Handeln, Denken oder die Beziehungen zu anderen Menschen negativ beeinflusst werden.

    Faktoren und Ursachen für Zwangsstörungen

    Bei der Entstehung von Zwangsstörungen spielen sowohl biologische als auch psychologische Faktoren eine Rolle.
    Die Neurobiologie zeigt, dass auch organische Ursachen für Zwangsstörungen verantwortlich sein können. So treten Zwangssymptome zum Beispiel bei Störungen bestimmter Hirnareale auf. Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren zeigten, dass Zwangsgedanken und Zwangshandlungen bei Funktionsstörungen im Bereich des sogenannten limbischen Systems und im Frontalhirnlappenareal auftraten.

    Genetische Gründe

    Auch ein genetischer Faktor als Ursache für Zwangsstörungen ist wahrscheinlich. Wenn ein eineiiger Zwilling eine Zwangsstörung hat, zeigt in 60-80% der Fälle auch sein Zwilling Zwangssymptome. Bei zweieiigen Zwillingen zeigt sich dieser Zusammenhang nicht in diesem deutlichen Ausmaß. Zudem erkranken 25-30% der Kinder von Zwangserkrankten. Generell lässt sich sagen, je höher der Verwandtschaftsgrad zu einem Menschen mit Zwangssymptomen ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, selbst an einer Zwangsstörung zu erkranken.

    Aus kognitiver Sicht haben Menschen die unter Zwangsstörungen leiden eine ganz bestimmte Art zu denken. Ihre Gedanken sind häufig geprägt von Schuld, Unsicherheit, Zweifel und Negativität. Generell scheinen negative Gefühle, insbesondere Angst, bei der Entwicklung von Zwangsneurosen eine wichtige Rolle zu spielen.

    Verschiedene Sichtweisen aus der Psychologie

    Aus psychoanalytischer Sichtweise, die auch Sigmund Freud vertrat, liegen die Ursachen der Zwangsstörung in der sogenannten analen Phase. In der Psychoanalyse charakterisiert man ein Entwicklungsstadium bei Kindern, das etwa im Bereich des zweiten bis dritten Lebensjahres stattfindet als anale Phase. Verdrängte oder verleugnete unbefriedigte Bedürfnisse aus dieser Zeit, die zum Beispiel durch eine übertriebene Sauberkeit der Eltern entstehen können, werden durch die Zwangssymptome unterdrückt. Die Zwangsstörung fungiert hier also als eine Art Abwehrmechanismus.

    Verhaltenstherapeuten erklären die Zwangssymptomatik mit falscher Konditionierung. Das heißt, dass ein ursprünglich neutraler Reiz, wie z.B. Schmutz durch eine Kopplung an eine unangenehme Erfahrung zu einem Auslöser für Angst, Ekel oder Ähnliches wird. Um diese negativen Gefühle zu reduzieren, entwickeln die Betroffenen Zwangssymptome wie beispielsweise ständiges Händewaschen.

    Aus dieser Sicht lässt sich auch erklären, warum Zwangserkrankte ihre Symptomatik aufrechterhalten, auch wenn sie die Widersinnigkeit in ihrem Handeln erkennen. Die Zwangssymptomatiken verschaffen ihnen (zumindest kurzfristig) Linderung und vermitteln ein Gefühl von Kontrolle.

    Arten und Symptome von Zwangsstörungen

    Alle Symptome von Zwangsstörungen drängen sich innerlich auf, werden von den Betroffenen als absolut sinnlos empfunden und lassen sich auch nicht vermeiden. Versucht der Erkrankte sich dem Zwang zu widersetzen, wird die innere Angst nahezu unerträglich. Meistens wiederholen sich Zwangshandlungen / Zwangsgedanken stereotyp in immer derselben Art und Weise.

    Der Waschzwang
    Eine typische Zwangshandlung ist der Waschzwang. Die Betroffenen waschen sich im Extremfall mehrere hundertmal am Tag die Hände. Dies geschieht nach einem genauen Ablaufplan, eine Händereinigung dauert oft mehrere Minuten. Schwere Hautschäden können die Folge sein.

    Der Kontrollzwang
    Von Kontrollzwang betroffene Personen versuchen, durch ständiges Kontrollieren Fehler zu vermeiden. Typischerweise werden immer dieselben Handlungen kontrolliert. Oft wird das Abschließen von Türen oder das Abschalten von Elektrogeräten überprüft.

    Der Wiederholungszwang
    Bei einem Wiederholungszwang werden Handlungen, Wörter, Sätze oder Zahlen in bestimmten Abfolgen wiederholt. Oft müssen diese Handlungen in einer bestimmten Anzahl wiederholt werden. Gelingt dies nicht, erwarten die Betroffenen negative Konsequenzen. Zwischen diesen Konsequenzen und den Zwangswiederholungen besteht in der Regel kein logischer Zusammenhang.

    Der Ordnungszwang
    Sind die Symptome eines Ordnungszwangs vorherrschend, werden Gegenstände oder auch Handlungsabläufe in ein starres Schema eingeordnet. Gegenstände müssen millimetergenau ausgerichtet werden, Handlungen dürfen nur sekundengenau zu bestimmten Uhrzeiten ausgeführt werden.

    Das Messie-Syndrom
    Auch das Messie-Syndrom kann Ausdruck einer Zwangsstörung sein. Aus Angst ein Gegenstand könnte später noch gebraucht werden wird nichts mehr weggeworfen. Die an diesem Sammelzwang erkrankten Personen häufen so jede Menge Besitztümer an. Nicht selten stapelt sich der Unrat in der Wohnung so hoch, dass zum Leben nur noch wenige kleine Ecken übrig bleiben.

    Zwangsimpulse, Zwangsbefürchtungen und Grübelzwang
    Zwangsgedanken können sich in Form von Zwangsimpulsen, Zwangsbefürchtungen oder im Grübelzwang zeigen. Erkrankte mit Zwangsimpulsen und Zwangsbefürchtungen stellen sich meist sehr unrealistische Katastrophenszenarien vor oder verspüren den Impuls Dinge zu tun, die ihnen eigentlich zuwider sind. So herrscht häufig die Angst vor, sich oder anderen etwas an zu tun. Beim Grübelzwang durchdenkt der Betroffene wieder und wieder bestimmte Begebenheiten. So kann zum Beispiel immer wieder der Gedanke aufkommen, ob man den Herd ausgeschaltet hat oder nicht. Im Gegensatz zum Kontrollzwang erfolgt aber keine Kontrolle, ob der Herd wirklich aus ist.

    Oftmals treten Zwangsgedanken und Zwangshandlungen zugleich auf
    Bei vielen Zwangserkrankten treten sowohl Zwangsgedanken als auch Zwangshandlungen gemeinsam auf.

    Die Zwangserkrankungen beginnen oft schon in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter. Die Betroffenen leiden sehr unter ihren Zwangssymptomen, sodass es im Krankheitsverlauf in vielen Fällen zu depressiven Symptomen kommt, die auch im Suizid enden können. Zwangserkrankte ziehen sich häufig sozial total zurück. In extremen Fällen führt dies zur Isolierung bis hin zur Verwahrlosung.

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